Dinge, die aus unserem täglichen Leben verschwinden… Eine ganze Menge Beiträge wurden schon geschrieben zur Blogparade von Sebastian Hartmann. Die Liste findet ihr hier. Von mir gibt es diesmal nichts zum Thema Museen oder Kulturinstitutionen, sondern – vielleicht passend zum Jahresausklang – eine persönliche Geschichte.
Als ich eingeschult wurde, konnte ich die Anschaffung eines bestimmten Utensils gar nicht erwarten: mein erster Füller! Meine Großmutter hat mit ihnen eine Hassliebe verbunden (die Generation, für die man noch ein Tintenfass benötigte, neigte zum Klecksen), meine Mutter mit ihrer wunderschönen Handschrift benutzte wann immer möglich den, den sie von meinem Vater bekommen hatte… Und jetzt war ich dran! Die Auswahl des heiß begehrten Schreibgeräts fiel nicht leicht. Damals waren Lamy-Füller aus Holz mit roter Kappe und rotem Knubbel am Ende für Schulanfänger üblich, aber den hatte erstens jeder und zweitens passte er nicht in meine Hand. (Meine Hände waren schon immer recht klein und schmal für meine Größe.) Nach langem Suchen fanden wir ihn dann, meinen Füller – einen komplett schwarzen „Champion“ von Geha. Wie ich ihn geliebt habe… Und als ich ihn zu Tode geliebt hatte, musste ein weiterer „Champion“ her. Da es den schwarzen nicht mehr gab, war sein Nachfolger lachsfarben mit schwarzer Kappe.
Den beiden ersten folgten zahlreiche Modelle, später auch mit breiter Feder und andere ausgefallenere Varianten. Meine Handschrift erreichte nie die Eleganz von der meiner Mutter, aber so schlecht war sie nicht. In der dritten Klasse ging dann der Ärger los: Sehnenscheidenentzündung. Natürlich wurde sie direkt chronisch, eine echte Rarität in diesem Alter. Als wir dann noch die Deutschlehrerin wechselten und kurz vor dem Ende der Grundschule noch die „Vereinfachte Ausgangsschrift“ lernen mussten, war es um meine Handschrift geschehen. Die Kombination aus den beiden Schreibschriften, die ich hatte lernen müssen, in Verbindung mit wochenlangen Phasen, in denen trotz Salbenverbänden eigentlich nichts ging, führte zu einem zwar immer noch schnellen, aber unsauberen… Geschmier. Also verordnete ich mir selbst die nächste Umstellung und schrieb fortan in Druckschrift, was ich bis heute tue. Damit wurde meine Handschrift wieder lesbar, und die nächsten Generationen von Füllern und später sogar Federn wurden unter Schmerzen, aber mit Begeisterung genutzt. Auch an der Uni habe ich mich geweigert, auf den vielleicht praktischeren Kugelschreiber umzustellen, selbst als das nächste Problem mit meinen Händen auftrat und ich die Beweglichkeit meiner Daumen zu großen Teilen einbüßte. Danach musste ich das Schreiben fast wieder neu lernen. (Witze zum Thema „Doktorschrift“? Ich kenne sie alle.) Meine Magisterklausuren – jeweils vier Stunden lang – wurden mit einem gestreiften Füller aus Porzellan verfasst.
Doch heute schreibe ich nur noch sehr, sehr wenig mit der Hand. Teils, weil man längere Texte am Computer bzw. am Tablet nun mal besser bearbeiten kann, teils weil meine Hände, die ein guter Freund gern als „Art Déco“ bezeichnet, so länger durchhalten. Trotzdem habe ich mich nicht von meinen Lieblingen getrennt und werde es wohl auch so bald nicht tun. Eine Auswahl aus meiner kleinen Sammlung seht ihr oben.