In dieser Rubrik geht es darum, Phänomene und Begriffe des Social Web zu erklären. Gerne greife ich auch Vorschläge für zu erläuternde Begriffe auf – kommentieren Sie hier, schreiben Sie mir eine Nachricht, oder twittern Sie Ihren Wunsch mit dem Hashtag #SoMeGlossar! Unser Thema heute: Barcamps.

BarcampZuerst eine kleine Anekdote: Neulich erzählte ich einem Freund, der nicht in der Kulturszene arbeitet, ich führe zu einem Barcamp. Die Reaktion: große Augen. „Das klingt ja cool!“ Und mir wurde klar, dass man den Namen auch ganz anders verstehen kann… Also zurück zum Anfang: Nein, ein Barcamp ist kein Gelage. In aller Regel gibt es da Kaffee und Softdrinks, keine Cocktails. Und trotzdem lohnt sich die Anreise!

Barcamp werden gern auch als „Un-Konferenzen“ bezeichnet. Es sind Veranstaltungen, auf denen zwar dieselben Themen besprochen werden können wie auf einer „normalen“ Fachtagung, die aber gänzlich anders ablaufen. Für den Kulturbereich sind übrigens insbesondere die stARTcamps interessant, die es mittlerweile in vielen Städten gibt. Man kommt morgens an und trifft sich zur ersten Session: der Vorstellungsrunde. Hier steht jeder Teilnehmer auf, nennt seinen Namen, seine Institution und seine drei Hashtags – Schlagworte, die Aufschluss über seine Tätigkeit und Interessen geben. Danach sind alle Teilnehmer miteinander per du, was zur entspannten Atmosphäre beiträgt.

Haben sich alle vorgestellt, geht es an die Sessionplanung. In Sessions wird beim Barcamp die Zeit gemessen: Es sind Slots, die in der Regel zwischen 45 Minuten und einer Stunde dauern. Meistens finden parallel mehrere verschiedene Sessions statt, sodass die Teilnehmer die Qual der Wahl haben. Die Themen für die Sessions selbst werden sehr demokratisch festgelegt: Jeder, der eine Session anbieten will, steht auf und geht nach vorn. Dann stellen die Freiwilligen der Reihe nach ihre Idee vor, und alle, die das Thema gut finden, heben die Hand. Theoretisch wäre es also möglich, dass ein Sessionvorschlag komplett durchfällt, auch wenn ich das noch nie erlebt habe. An der Zahl der erhobenen Hände sehen die Organisatoren jedoch, wie groß die Räume für die verschiedenen Sessions sein müssen. Sie ziehen sich zurück und erstellen den Sessionplan, der dann ausgehängt wird. Es steht nun fest, welches Thema wann in welchem Raum zu finden sein wird, und die Teilnehmer können ihre persönliche Tagesplanung machen.

Auch die Sessions unterscheiden sich meist von den Vorträgen bei klassischen Konferenzen. In der Regel gibt es eine Art Impulsvortrag, oft auch einen Werkstattbericht, vom Sessionanbieter. Danach folgt typischerweise eine Diskussionsrunde, oder auch ein Workshop. Ich habe auch schon an Sessions wie „Wir basteln uns einen Social Media Manager“ teilgenommen.

Am Ende des Tages gibt es eine Abschluss-Session: Alle Teilnehmer versammeln sich noch einmal, und es gibt eine Feedback-Runde. Jeder, alternativ bei vielen Teilnehmern auch nur Freiwillige, sagt, was ihm gut oder weniger gut gefallen hat und was er mitnimmt. Und dann löst sich die Versammlung – meistens widerstrebend – auf, und alle gehen nach Hause… oder zusammen einen trinken. (Na schön… Da kann der Name durchaus noch zu seinem Recht kommen. 😉 )

Den Reiz am Format Barcamp hat einer der Teilnehmer am diesjährigen stARTcamp Münster sehr treffend in Worte gefasst: Es sei die einzige Tagungsform, bei der es nicht passieren könne, dass ein alter Mann das Mikro habe und etwas erzähle, das niemanden interessiere. Denn dann würden ihn die Sessionteilnehmer unterbrechen und wieder über etwas Spannenderes sprechen. Genau so sehe ich es auch: Sessions entwickeln sich oft anders, als man sie geplant hatte. Und genau so soll es sein!

Wer neugierig geworden ist: Hier gibt es einen Barcamp-Kalender.

Update 02.11.2014: Auf www.barcamp-liste.de finden Sie noch weitere Termine.